Zum Konzert am 1. November 1992 in München


    

     Süddeutsche Zeitung, 3. November 1992     

Fischer-Dieskau, Schreier, Nicolet

Institutionen unter sich

     

Bei 100jährigen Jubiläen stehen normalerweise langatmige Reden und endlose Gratulationsparcours ins Haus. Wenn man sich aber "ehemalige Königlich Bayerische Hofmusikalienhandlung" nennen darf, dann verbietet sich solch prosaisches Tun von selbst. Man veranstaltet – wie es einer solchen Institution gebührt - ein Festkonzert, zu dem man am besten ebensolche Institutionen lädt. Etwa so, wie es jetzt das Musikhaus Otto Bauer getan hat, das zu seinem 100. Geburtstag Dietrich Fischer-Dieskau, Aurèle Nicolet, Peter Schreier und das Münchner Kammerorchester um eine musikalische Reverenz gebeten hat.

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Von "Ächzen und erbärmlich Weinen", so der Beginn der von Dietrich Fischer-Dieskau anschließend gesungenen Arie aus Bachs Kantate Nr. 13, war im Saal zum Glück nichts zu spüren. Da saßen viele zufriedene Kunden und Freunde und genossen die beeindruckenden Darbietungen einer lebenden Gesangslegende. Bei Bach und in den Konzertarien Mozarts war festzustellen, daß Fischer-Dieskaus Kunst der Vergegenwärtigung eines Textes nach wie vor einzigartig ist. Klug und ökonomisch geführt, meisterte die Stimme Koloraturen, schöne Legato-Bögen und lockeres Parlando.

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Manuel Brug

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