Zur Oper am 27. Juli 1971 in München


"Oper und Konzert", München, 9/1971

Nationaltheater

Die Zauberflöte

[...]

Die durchdachte Spielleitung Rennerts hat nichts von ihrer Lebendigkeit und Würde verloren, während das Bühnenbild Svobodas leider noch dieselben Mängel aufweist wie bei der Premiere (die nicht vorhandenen "Tempel und Säulen", der lächerliche Strauch, an dem Papageno sich aufhängen will und anderes mehr). Nicht ganz festspielmäßig war die Sängerbesetzung. Rita Shane verfügt zwar über die (nicht immer ganz sauberen) Koloraturen der nächtlichen Königin, aber überzeugender dramatischer Ausdruck ist nicht ihre Sache. Edith Mathis ist eine reizvolle Pamina, während der kleine lyrische Tenor des sympathischen Adolf Dallapozza für Tamino nicht ganz ausreicht. Ganz vorzüglich das Terzett der drei Damen Claire Watson, Charlotte Berghold und Brigitte Fassbaender, nett und annähernd rein singend die drei Wiener Sängerknaben. Im übrigen muß aus der bekannten und oft gewürdigten Besetzung Fischer-Dieskau als Sprecher von unübertrefflicher Eindringlichkeit hervorgehoben werden. Der Clou der Aufführung war wieder Hermann Prey als Papageno, der sich so völlig mit dem gefiederten Materialisten identifiziert, daß man sich dieses plauderfreudige Weltkind bald nicht mehr anders vorstellen kann, als mit seinem Charme, seiner Gelenkigkeit, seinem Humor und seiner steten Präsenz auch da, wo er nichts zu tun hat. Die allzuvielen Verbeugungen, Hut auf - Hut ab, Purzel- bäume und Beineschlenkern drohen schon ein wenig in Routine auszuarten.

Dr. Heinz Pringsheim

zurück zur Übersicht 1971
zurück zur Übersicht Kalendarium