Zum Konzert am 17./18. Dezember 1970 in Basel


Basler Nachrichten, 21. Dezember 1970

"Komm, o Tod, du Schlafes Bruder"

Bachs "Kreuzstabkantate" und Händels "Funeral Anthem" im zweiten BKO-Konzert

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Es fällt mir schwer, die richtigen Worte zu finden für den unvergesslichen Eindruck, der mir von diesem Abend geblieben ist: denn "Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über". Dankbarkeit und demütige Bewunderung erfüllen mich nach der dramatischen Wiedergabe der "Kreuzstabkantate", welche Dietrich Fischer-Dieskau dem Basler Publikum geboten hat: restlose Bewunderung für die alle technischen Schwierigkeiten mühelos meisternde Künstlerschaft dieses Sängers, und Dankbarkeit für diese von tiefster Überzeugung und vom Wissen um den Inhalt her getragene souveräne Gestaltung eines der erhabensten Werke des christlichen Abendlandes. Zusammen mit dem vorzüglich begleitenden, durch Musiker des Basler Sinfonie-Orchesters verstärkten Basler Kammerorchester (Konzertmeister: Alexander van Wijnkoop; Solo-Oboe: André Lardrot; Orgel: Eduard Müller) und in schönstem Einvernehmen mit dem Dirigenten Paul Sacher hat Dietrich Fischer-Dieskau Albert Schweitzers Wort wahrgemacht und "dieses Aufsteigen von der resignierten Todeserwartung zum jubelnden Todessehnen" miterlebt und in vollendeter Form dargestellt.

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Peter Holstein


    

     National-Zeitung Basel, 19. Dezember 1970    

    

Barockes "Memento mori" im Advent

Das zweite Konzert des BKO in der Martinskirche

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Von der Aufführung selber ist Vorzügliches zu berichten. Das musikalisch reichste Werk erklang zu Beginn: J. S. Bachs wohlbekannte Kreuzstab-Kantate. Dietrich Fischer-Dieskau sang die Titelarie und die beiden Accompagnato-Rezitative mit letzter Ausdrucksintensität. Nicht ganz glücklich war ich bei der zweiten Arie mit ihrem Erlösungsjubel. Da geht mir der Sänger in der Pointierung des Vortrags zu weit; das grenzt für meinen Geschmack an Manier. Ob es wirklich von Vorteil ist, bei den laufenden Achteln im Continuo den Kontrabass mitspielen zu lassen? In der reichlich fülligen Akustik der Martinskirche kam es mir mitunter so vor, als bemühe sich ein gutmütiger Tollpatsch eher atemlos, den leichtfüssigen Figurationen von Sänger und konzertierender Oboe (untadelig geblasen von André Lardrot) nachzurennen.

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Rudolf Häusler

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