Zur Oper am 20. Oktober 1963 in Tokio

Presse und Datum unbekannt

Großer Erfolg in Tokio

Die Deutsche Oper Berlin eröffnete mit "Fidelio" das Nissei-Theater

Das Ensemble der Deutschen Oper Berlin ist am Sonntagabend bei seinem ersten Gastspiel in Japan von einem begeisterten Tokioter Publikum stürmisch gefeiert worden. Unter der Stabführung Karl Böhms eröffnete das Ensemble mit einer Aufführung von Beethovens "Fidelio" das neuerbaute Nissei-Theater im Herzen der japanischen Hauptstadt. Unter den rund 1200 Zuschauern des vollbesetzten Hauses befanden sich auch Prinz Takamatsu, ein Bruder des Kaisers, mit seiner Gemahlin und Prinzessin Chichibu, eine verwitwete Schwägerin des Kaisers.

Das Debüt des 280 Mitglieder umfassenden West-Berliner Ensembles bildete einen Höhepunkt in der in diesen Tagen neueröffneten Tokioter Theatersaison. Der Vorverkauf für die insgesamt 16 Aufführungen der Deutschen Oper Berlin in Tokio hatte schon im Juni begonnen. In kurzer Zeit waren sämtliche Karten ausverkauft. Einige japanische Opernfreunde hatten sogar bis zu fünf Tage lang vor den Vorverkaufsstellen kampiert, um sich eine der vielbegehrten Eintrittskarten zu sichern, die zum Teil umgerechnet mehr als 100 DM kosteten.

Von Kritikern wurde die "Fidelio"-Aufführung als "großartig" bezeichnet. Insbesondere wurden die Leistungen von Christa Ludwig in der Titelpartie und des amerikanischen Sängers James King als Florestan gewürdigt. Beanstandet wurden allerdings die akustischen Mängel des neuen Theaters, das hauptsächlich für die Schauspielaufführung erbaut wurde.

Der Dirigent Klaus Pringsheim, der kürzlich zur Feier seines 80. Geburtstags ein Konzert der Berliner Philharmonie dirigierte, zeigte sich von den gesanglichen Leistungen ebensosehr beeindruckt wie von dem Bühnenbild. Er beanstandete jedoch die Akustik des Saales und meinte, das Theater sei für Opernaufführungen völlig ungeeignet. "Ich habe noch keinen so überzeugenden Fidelio gesehen", sagte Pringsheim zur Leistung Christa Ludwigs. Dietrich Fischer-Dieskau lieh dem Don Fernando Stimme und Gestalt.

Nach Schluß der Aufführung bereitete das Publikum dem Ensemble stehend eine zehn Minuten währende Ovation. Die Gastspielreise der Berliner nach Japan wurde von der Bundesregierung mit einem 800 000-DM-Zuschuß unterstützt.

(AP)

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