Presse Folge 1 zu 'Hugo Wolf. Leben und Werk'

Abendzeitung München 11. 03. 2003 Marianne Reißinger
Merkur Online 20.12.2002 Karl Robert Brachtel
Westfälische Rundschau 27.12.2002 Sonja Müller-Eisold
Die Presse 15.02.2003 Walter Dobner

weitere Presse: Folge 2, Folge 3

Abendzeitung München 11. März 2003


Merkur Online 20.12.2002 (Karl Robert Brachtel)

Voller Bewunderung

Dietrich Fischer-Dieskaus Biografie über Hugo Wolf

"Was ich ihm als Lernender und Nutznießer verdanke, kann ich kaum ermessen", bekennt der Autor. Und ein wenig pessimistisch: "Das Buch möchte kritisch auf die Bedeutung eines bereits wieder aus dem Gedächtnis entschwindenden Werkes hindeuten."

Dietrich Fischer-Dieskau stellt daher in seiner Hugo-Wolf-Biografie alle einzeln komponierten Werke vor, die großen Liedzyklen bespricht er voller Bewunderung, aber ohne Pathos, klug aus der Praxis heraus, wichtig für Interpreten und reich an Hinweisen auf die literarischen Vorlagen.

Fischer-Dieskaus vielfältige Erfahrung ermöglicht ihm ein tiefes Eindringen in das Werk, aber auch ein tiefes Verständnis für den Menschen, die komplizierte Persönlichkeit Wolfs, des Radikal-Wagnerianers - aber auch für den sich selbst Überschätzenden, den (nicht ausgeprägten) Antisemiten, den Musikkritiker im "Salonblatt".

Das Buch überzeugt durch seinen souveränen Blick auf das Bekannte - mit wichtigen Akzenten, beispielsweise zum Verhältnis zu Mahler, dem Alters- und zeitweise auch Wohngenossen, kulminierend in dem Kapitel über Wolfs vergebliches Antichambrieren an der Wiener Hofoper und den Ausbruch des Wahnsinns. Die Biografie ist übrigens Elisabeth Schwarzkopf gewidmet, die wesentliche Teile des Wolf-Nachlasses besitzt.


Westfälische Rundschau 27.12.2002 (Sonja Müller-Eisold)

Zwei große Komponisten im neuen Licht

Schrieb über Hugo Wolf: Dietrich Fischer-Dieskau (dpa)

Die Komponisten Richard Wagner und Hugo Wolf verbindet eine recht merkwürdige Beziehung. Der eine war der Schöpfer großer, überdimensionaler Musikdramen, der andere ein Meister intimer, psychologisch fein ausgeloteter Lieder.

Beide brachten für die Musik ihrer Zeit Neues: spätromantisch aufgeheizte Harmonik, eine aus dem Text heraus entwickelte melodische Linie. Wolf verehrte Wagner und wurde einer seiner beherztesten Vorkämpfer. Seine eigenen Werke waren freilich von viel geringerer Wirkung.

Zwei Bücher beschäftigen sich jetzt neu mit den beiden Komponisten. Dieter Borchmeyer hat die bereits überbordende Wagner-Deutung mit einer Darstellung aus literatur- und theatergeschichtlicher Sicht erweitert, Dietrich Fischer-Dieskau, der wohl größte Liedersänger unserer Zeit, schrieb anlässlich des 100. Todestages von Hugo Wolf (22. Februar 2003) über Leben und Werk des nach Schubert wichtigsten Liedkomponisten des 19. Jahrhunderts.

Opernstoffe auf geniale Art "zurechtgebogen"

Borchmeyer zeigt Wagner in seiner Entwicklung aus der Tradition heraus, in seinem Umfeld und in seiner Wirkung. Dabei beschäftigt er sich auch intensiv mit dem Frühwerk und den Beziehungen zu anderen Künsten. Mit intensiver Quellenforschung beweist er, wie sehr der Bayreuther Meister sich auf geniale Art seine Stoffe "zurechtgebogen" hat. Unerhörte Literaturkenntnis fließt in das Buch ein, klärt mit kritischem Sinn vieles, was bisher noch "schief" lag. Auch hier bleiben noch Fragen offen, doch es tun sich auch ganz neue Denkan- stöße auf, die Wagner in ein teilweise neues Licht setzen.

Der Sänger Fischer-Dieskau hat sich stets auch literarisch mit den Komponisten befasst, deren Lieder er in seinem reichen Sängerleben dargestellt hat. Das Werk Hugo Wolfs hat ihn, wie er bekennt, seit seiner Jugend begleitet und fasziniert. Mit Hilfe neuer Quellen, die ihm durch Hilfe von Elisabeth Schwarzkopf aus dem Nachlass ihres Ehemanns Walter Legge zugänglich wurden, entwirft er ein korrigiertes und gründlicheres Bild des Komponisten, der um der Kunst willen ein Leben mit großen Opfern und Leiden führte.

Eruptiv schleuderte Wolf seine großen Liederzyklen in nur wenigen Jahren heraus, stets nur großer Dichtung verbunden, die er musikalisch in kongenialer Art zu deuten verstand: Zu nennen sind Mörike, Goethe, Eichendorff, Heine, Heyse, Geibel. Mit Daniel Barenboim als Begleiter hat Fischer-Dieskau alle für Männerstimme geschriebenen Lieder Wolfs eingespielt, ein Riesenpensum mit wundervoller Deutungsgabe.

Fischer-Dieskaus praktische Erfahrung, sein großes Wissen und seine literarische Begabung finden in diesem liebevoll, gründlich und einfühlsam geschriebenen Buch zusammen. Dem Leser erschließt sich ein beeindruckendes Künstlerleben: unstet, voller Entbehrungen, von Glücks-Taumeln des Schaffensrausches durchsetzt, von treuen Freunden begleitet, doch tragisch im Wahnsinn endend. Und es erschließt sich ein vielseitiges Werk, das wohl keiner so innig durchforscht dargestellt hat wie dieser Autor.

Fazit: Zwei kluge Bücher von hohem Anspruch, die bei aller wissenschaftlichen Genauigkeit auch spannende Lektüre bieten.

Dieter Borchmeyer: Richard Wagner, Insel Verlag. 647 Seiten. 44,90 Euro.

Dietrich Fischer-Dieskau: Hugo Wolf, Henschel Verlag. 558 Seiten. 39,90 Euro.

DIE PRESSE (Österreich) 15. Februar 2003

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