Zum Konzert am Sonntag, 18. März 1990 in der Berliner Philharmonie   

  

   Berliner Tagesspiegel, Dienstag, 20. März 1990   

    

Strauss und Kerr

Matinee in der Philharmonie

    

Die Gesellschaft der Freunde der Berliner Philharmonie e.V." hatte zu der bewährten Komposition von Vortrag und Konzert geladen, und trotz des sommerlichen Wetters war die Philharmonie erstaunlich gut besucht. Es ging um Richard Strauss, vor allem um dessen Berliner Zeit von 1898 bis 1917, in der Strauss hier als Erster Kapellmeister an der Oper wirkte. In einem kurzweiligen und interessanten Vortrag erzählte Rudolf Elvers, der langjährige Direktor der Musikabteilung der Staatsbibliothek; vom Wirken des Komponisten und Dirigenten in Berlin, von seinen Wohnungen, seinen Bekanntschaften in der damaligen Musikszene und nicht zuletzt von seinem Geschäftssinn, von dem noch heute alle Komponisten profitieren. Strauss war nämlich Mitbegründer einer Vorläuferorganisation der GEMA, die die Urheberrechte der Komponisten vor den mächtigen Verlagen schützen sollte.

Ihren musikalischen Niederschlag fand die Auseinandersetzung mit den Verlegern im Krämerspiegel", zwölf Gesängen zu Texten von Alfred Kerr, deren 'Druck der Verlag Bote & Bock ablehnte, weil die Texte auf lustige. aber auch drastische Weise mit den Machenschaften der Verleger abrechnen und diese auch persönlich aufs Korn nehmen. Die Verse nahm Strauss, wie Elvers es bezeichnete, zum "Vorwand" für eine Komposition, die an Wert den Text weit übertrifft und in der viele Zitate des Strauss'schen Schaffens versteckt sind.

Die Interpretationskünste Dietrich Fischer Dieskaus zu rühmen, ist - zumal in Berlin - eigentlich überflüssig. Der Sänger stand dem Komponisten an Schalk nicht nach, der von Rosen gestochene "Botenbock" wurde ebenso genüßlich vor Augen geführt wie der Komponistenblut saugende Hase - ein Dr. von Hase war Inhaber des Verlags Breitkopf & Härtel. Die Pianistin Karola Theill war dagegen eine echte Neuentdeckung; nach ihrem einfühlsamen und konzentrierten Vortrag des äußerst anspruchsvollen Klavierparts hätte auch sie ein Buchgeschenk oder wenigstens einen Blumenstrauß verdient.

Andreas Richter

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