Zum Konzert am 22. August 1985 in Salzburg


    

     Frankfurter Allgemeine Zeitung, 30. August 1985     

Salzburg: Messiaens "Franziskus" - Fragmente

Ein ergriffener Komponist

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Erst spät ist Messiaen zur Oper gekommen. Ein Auftrag des damaligen Generalintendanten der Pariser Großen Oper im Palais Garnier, Rolf Liebermann, veranlaßte ihn, 1975 zunächst das Libretto, dann bis 1983 die Partitur von "Saint François d’Assise" zu schreiben. Dirigiert von Seiji Ozawa, fand am 28. November 1983 in Paris die Uraufführung statt. Sie dauerte mit den Pausen annähernd sechs Stunden. Das Werk hat der Komponist-Librettist gekennzeichnet: "Ich habe gewählt, was wunderbar ist, was Farben enthält, was vom Gesang der Vögel erzählt." Im Text wird weitgehend die Bibel zitiert, aus den Schriften des Heiligen der "Sonnengesang".

In Salzburg wurden nur vier Szenen der Oper konzertant aufgeführt: aus dem ersten Akt das dritte Bild mit dem heilenden Kuß auf die Haut des Leprakranken, aus dem zweiten das sechste Bild mit der Vogelpredigt, aus dem dritten Akt das siebente und achte Bild mit der Stigmatisierung und dem Tod des Franziskus.

Dietrich Fischer-Dieskau sang und spielte den Heiligen. Seine Kunst erfüllte die vielfältig schwere Aufgabe mit der Innerlichkeit, die sein geistiges Eigentum ist und immer wieder zur Bewunderung nötigt. Man glaubt ihm und seiner nunmehr seit Jahrzehnten unverändert edlen Stimme alle Wandlungen der Franziskusfigur bis zum Abschluß "Gelobt seist du, Herr".

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H. H. Stuckenschmidt

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     Süddeutsche Zeitung,  24./25. August 1985     

Salzburger Festspiele

Die tönende Zwitschermaschine

Messiaens Franziskus-Oper konzertant in der Felsenreitschule

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Die einzige Oper von Messiaen, im Herbst 1983 in Paris uraufgeführt, wurde jetzt in der Salzburger Felsenreitschule in einer reduzierten Fassung konzertant vorgestellt. Ausgewählt waren vier der insgesamt acht Szenen der dreiaktigen Oper, die man genausogut als Kantate in Symbolen, in geistigen Bildern bezeichnen könnte. Es sind: das dritte Bild, "Der Kuß des hl. Franziskus und des Aussätzigen", das sechste, "Die Vogelpredigt", das siebente, "Die Stigmatisation", und das achte, "Der Tod des Heiligen und das neue Leben.

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Dietrich Fischer-Dieskau in der Titelrolle – erstaunlich immer wieder die Neugier, der Fleiß, die künstlerische Vielseitigkeit des Sängers – lag die Sprödigkeit und Spiritualität des Heiligen am Herzen.

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Die starken Reize – ob Oper oder Kantate – wirkten, und für den Beifall bedankte sich schließlich auch der 77 Jahre alte Komponist.

Wolfgang Schreiber

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