Zur Oper am 29. Juli 1976 in München


tz, München, 2. August 1976

Letzte Reserven bei Verdis "Falstaff"

Nicht zu leugnen: die Münchner Festspiele 1976 liegen in den letzten Zügen. Endspurt-Atemnot stellt sich unüberhörbar ein. Rennerts meisterhafte "Falstaff"-Inszenierung bot den alten Elan, von den Protagonisten oft mit Gewalt aus letzten Reserven gespeist.

Deutlich wurden die Ermüdungserscheinungen vor allem im Musikalischen: mangelnde Präzision bei den gefürchteten, rhythmisch doppelbödigen Ensembles, und in der "Narrenfuge" vorsichtiges Abtasten.

Fischer-Dieskau ist der perfektest programmierte Sir John: mit neuerdings offener Höhe, als einziger völlig d’accord mit dem Orchestergraben.

An ihm orientiert sich das weitere Ensemble mehr oder weniger adäquat. Reri Grist und Claes H. Ahnsjö sind ein entzückend verspieltes (auch stimmlich entsprechend eingefärbtes) Liebespaar, Thomas Tipton als Ford ein Darstellungs-As, Leonore Kirschsteins reizende Alice zeigte diesmal eine leicht verhangene Mittellage und das Gaunerpaar Bardolf (Gerhard Stolze) und Pistol (Kieth Engen) eine virtuos-schmierant überzogene Kumpanei.

Geradezu beängstigend aber ist Brigitte Fassbaenders Mrs. Quickly. Daß sie bei dieser für ihren Mezzosopran viel zu tiefen Rolle die Bruststimme bis in die hohe Mittellage zieht, oder ziehen muß, klingt nicht nur im Ensemble befremdend unschön, sondern läßt um diese einmalige Stimme bangen. Und solch eine Gefährdung ist die Quickly wahrhaftig nicht wert.

E. L.

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