Zum Liederabend am 5. April 1963 in Hamburg

Hamburger Abendblatt, 6. April 1963

Schubert neu erlebt

Liederabend Fischer-Dieskau

In dieser an musikalischen Ereignissen so reichen Woche war der Liederabend Dietrich Fischer-Dieskaus die Krönung. Das Programm konzentrierte sich auf Schubert, auf die reinste, Welt und Himmel umfassende Lyrik. Die vertrauten Gedichte, die bewegenden musikalischen Gedanken – man hörte und erlebte sie wieder neu. Fischer-Dieskau (mit seinem gleichgestimmten Partner Günther Weißenborn am Flügel) interpretierte sie mit impulsiver, zwingender Kraft des Gefühls, mit dieser an ihm immer wieder bewunderten Fähigkeit, Aktion ins Geistige zu transponieren. Am schönsten die ganz verhaltenen Lieder, in denen man die leisesten Seelenschwingungen zu vernehmen glaubte.

Das Publikum in der bis zum Podium vollbesetzten großen Musikhalle wurde immer stiller, immer gespannter und gesammelter. Hier trat das ein, was so selten ist in unserem lauten Kunstbetrieb: Es ging etwas vor, was die Menschen verwandelte, was sie betroffen und glücklich machte.

S. T.

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