Berliner Tagesspiegel, 3. Oktober 1958

Managertum als kulturelle Aufgabe

Festwochen-Konzert "40 Jahre Konzertdirektion Adler"

Irmgard Seefried und der am Montag nach der "Falstaff"-Vorstellung auf der Bühne der Städtischen Oper, von Außenminister von Brentano im Auftrage des Bundespräsidenten mit dem Bundesverdienstkreuz Erster Klasse ausgezeichnete Dietrich Fischer-Dieskau waren die illustren Interpreten von Hugo Wolfs "Italienischem Liederbuch" im Hochschulsaal, wo die Freunde der Konzertdirektion Hans Adler in Festwochen-Hochgestimmtheit das 40jährige Bestehen dieses musikalisch-organisatorischen Unternehmens zu feiern sich eingefunden hatten.

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Ein Glückwunsch und ein Dank für mannigfache konzertante Ereignisse von höchstem Rang sind hier anzubringen. Glückwunsch und Dank war auch die festliche und höchst festwochenwürdige Leistung der beiden Sänger, die Wolfs späten Zyklus nicht in originaler, gleichwohl sehr durchdachter Anordnung der 46 Gesänge darboten, ihn in Spannung hielten und ihren, wenn man so will, "szenischen" Gehalt mit Anmut und Sehnsucht, mit Hoffart und verzweifeltem Spott, mit Seligkeit und Leid erfüllten. Daß Frau Seefried manche allzu neckische Überpointierungen zurücknehmen, Dietrich Fischer-Dieskau die BewuBtheit des Einsatzes seiner Mittel nicht hier und da zu deutlich werden lassen möchte, ist des Kritikers Wunsch nach diesem schönen, kunstvollen, von Erik Werba am Klavier pfleglich ergänzten Konzert. Er möge nicht als Beckmesserei verstanden, sondern als Ausdruck der Sorge begriffen werden, der Zwang der Zeit, auf allen Podien der Welt beheimatet zu sein, könnte auch diese beiden, uns kostbaren Sänger dazu veranlassen, auf die Gnade des nachschöpferischen Augenblicks zu verzichten.

E. M.

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